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Kochsalzlösung oder HOCl?

Brustwarzen reinigen: Kochsalzlösung oder HOCl?

Stillen ist eine wertvolle Zeit für Mutter und Kind – jedoch kann es durch mechanische Belastung (Fehlanlagen, Saugverhalten, Reibung) zu Rissen, Schmerzen und Entzündungen der Brustwarzen kommen.

Zentral ist unter anderem eine gute Anlegetechnik. Ist dies geklärt, bieten Pflegemaßnahmen gute Unterstützung.

Eine gezielte Pflege kann Beschwerden lindern, und auch das Infektionsrisiko senken und das Stillen sichern.

Neben Kochsalzlösung (NaCl) bietet HOCl eine neue Möglichkeit der Pflege. Hypochlorige Säure (HOCl) ist ein natürliches Oxidationsmittel, das im Immunsystem von Säugetieren wie Menschen durch neutrophile Granulozyten (weiße Blutkörperchen) gebildet wird. Sie wirkt antimikrobiell gegen Bakterien, Viren und Pilze, reduziert Entzündungen und unterstützt durch die Keimreduktion sowie oxidative Signalwirkung die Geweberegeneration.

Sowohl Natriumchlorid (NaCl) als auch hypochlorige Säure (HOCl) enthalten in ihrer chemischen Struktur eine Art von Chlorverbindung:

1. Grundlagen der Substanzen

Kochsalzlösung (NaCl 0,9 %)

Eine isotonische Lösung, die häufig zur Wundspülung, Reinigung und Befeuchtung verwendet wird.

Nicht reizend, gut verträglich und kostengünstig.

Hat keine antimikrobielle Wirkung, sondern dient primär der mechanischen Reinigung.

Hypochlorige Säure (HOCl <0,03%)

Natürlich im menschlichen Immunsystem vorkommende Substanz (produziert durch neutrophile Granulozyten).

Hat antimikrobielle Eigenschaften gegen Bakterien, Viren und Pilze.

Wird allgemein in der Wundbehandlung, Dermatologie und auch zur Pflege von Schleimhäuten verwendet.

In schwach saurer Lösung (pH 3,5–6,5) hoch wirksam und trotzdem gewebeschonend.

2. Anwendung bei Brustwarzenentzündungen in der Stillzeit

Wirkung & Nutzen

Eigenschaft Kochsalzlösung Hypochlorige Säure (HOCl)
Reinigung Mechanische Reinigung Reinigung plus antimikrobiell, lokal antiseptisch
Schmerzlinderung Keine spezifische Wirkung Unterstützt indirekt durch Entzündungshemmung
Antimikrobielle Wirkung Keine Ja, auch gegen multiresistente Keime
Förderung der Regeneration Passiv (Befeuchtung)

Aktiv durch Reduktion der Keimbelastung

Oxidative Signalwirkung zur Geweberegeneration

Stillfreundlich (rückstandsarm), allergenfrei Ja Ja 

 

1. Kochsalzlösung

Anwendung: Nach dem Stillen Brustwarze mit steriler NaCl-Lösung abtupfen oder spülen,  kein Abwaschen erforderlich.

Wirkung: Entfernt Speichelreste, befeuchtet, beruhigt mechanisch.

Begrenzung: Kein Einfluss auf Keime, Infektionen, Reizungen.

2. Hypochlorige Säure (HOCl <0,03%)

Anwendung: Nach dem Stillen auf die Brustwarze auftragen, kein Abwaschen erforderlich, einwirken lassen und an der Luft trocknen.

Wirkung: Entfernt Speichelreste, befeuchtet, lindert Schmerzen und Rötungen. Reduziert bakterielle und fungale Keime. Unterstützt die natürliche Regeneration. Kann präventiv bei wunden Brustwarzen oder bestehenden Rhagaden verwendet werden.

Bei Rötung, Schmerzen, Rhagaden oder Verdacht auf Staphylokokken oder Candida immer mikrobiell aktive Pflege erwägen.

 

Hinweise:

Vorsicht mit Hausmitteln (z. B. Teebaumöl, Kamille) – potenziell reizend oder allergen.

Kombinationstherapie mit Muttermilch oder Lanolin ist möglich.

 

 

Quellen (für Fachkreise):

Lipsky BA et al., J Wound Care, 2020

Chapple ILC et al., Wounds UK, 2016

Smith AM et al., Dermatitis, 2021

ABM Clinical Protocol #36, Academy of Breastfeeding Medicine (2022)

JOGNN: Jones W et al., 2015 – Management of Sore Nipples

Eine systematische Übersicht aus dem Journal of Obstetric, Gynecologic & Neonatal Nursing (JOGNN, 2015) zeigt, dass Kochsalzlösung hilfreich zur Reinigung ist, aber nicht zur Schmerz- oder Infektionskontrolle beiträgt.

In einer Studie von Lipsky et al. (2020) im Journal of Wound Care wurde HOCl als sichere und effektive Substanz zur Behandlung von Haut- und Schleimhautentzündungen nachgewiesen.

Chapple et al. (2016, Wounds UK) zeigten, dass HOCl-Lösungen Keime innerhalb von 15 Sekunden inaktivieren können – inkl. MRSA, Candida und Pseudomonas.

Topical HOCl (0.01%) wurde laut Smith et al. (2021) in klinischen Studien zur Behandlung von Dermatitis und Schleimhautentzündungen erfolgreich verwendet, ohne relevante Nebenwirkungen – auch bei Stillenden.

Lipsky BA, et al. (2020). "Topical antimicrobial therapy for treating chronic wounds." Journal of Wound Care, 29(Sup5): S1-S49.

Chapple ILC, et al. (2016). "Hypochlorous acid: a novel wound treatment solution." Wounds UK, 12(4), 46-53.

Smith AM, et al. (2021). "Topical Hypochlorous Acid for Treating Atopic and Contact Dermatitis." Dermatitis, 32(4), 244–250.

Academy of Breastfeeding Medicine (ABM) Protocol #36: "The Mastitis Spectrum." (2022)

Jones W et al. (2015). "Management of sore nipples in breastfeeding women." JOGNN, 44(4), 551–560.